Zum Thema Praktikum gab es im Mindestlohngesetz einige Klarstellungen. Vorher gab es nur eine Erwähnung „anderer Vertragsverhältnisse“ zum Erwerb beruflicher Kenntnisse und Fähigkeiten, die aber keine Ausbildungsverhältnisse sind, im § 26 des Berufsbildungsgesetzes. Erst im Jahre 2014 tauchten dann die Begriffe „Praktikum“ und „Praktikant“ im Nachweisgesetz auf, um die wesentlichsten Vertragsinhalte in Praktikumsverträgen zu definieren.
Im § 22 des Mindestlohngesetzes wird nun erstmalig festgelegt, in welchen Fällen es legal ist, Praktikanten und Praktikantinnen nicht nach dem Mindestlohn zu bezahlen.
In der Rechtsprechung hatte sich bereits durchgesetzt, dass vermeintliche Praktika, in denen nicht die Ausbildung im Vordergrund steht, sondern der/die so genannte Praktikant/in reguläre Arbeit verrichtet, wie jedes andere Arbeitsverhältnis zu vergüten sind.
Anders ausgedrückt: wer arbeitet muss dafür bezahlt werden, egal ob über dem Vertrag Praktikums- oder Arbeitsvertrag steht.
Und so definiert es nun auch das Mindestlohngesetz. Ein Praktikum liegt vor, wenn zeitlich begrenzt „praktische Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit“ erworben werden.
Und nicht nach Mindestlohngesetz zu vergüten sind sie nur, wenn
- es sich um ein verpflichtendes Schülerpraktikum oder ein verpflichtendes Praktikum im Rahmen der Berufsausbildung handelt oder
- das Praktikum auf drei Monate begrenzt ist und zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder ein Studium dient bzw. begleitend zur Berufsausbildung oder zum Studium stattfindet und dort vorher noch kein Praktikum absolviert wurde oder
- es sich um eine Einstiegsqualifizierung (z.B. berufsvorbereitendes Jahr) handelt.
Die Praxis, nahezu unbegrenzt Arbeitssuchende nach der Ausbildung oder nach dem Studium mit wagen Versprechungen auf Festeinstellung als kostenlose Arbeitskräfte in Scheinpraktika zu locken, dürfte durch die Anpassung der Gesetzeslage an die Rechtsprechung erheblich erschwert werden.